Suchtgefahr & Abzocke? Free-to-play Mobile Games ethisch hinterfragt – Teil 1

Sind Free-to-play Mobile Games ethisch problematisch? Eine Frage, die unter Spieler:innen und innerhalb der Games-Branche immer wieder zur Debatte steht und angesichts der schieren Größe des Marktes und seines Umsatzes nicht an Relevanz und Brisanz verliert. 2,6 Milliarden Menschen spielen weltweit auf dem Smartphone – fast 33 Prozent der Weltbevölkerung. Free-to-play machte im Jahr 2020 78 Prozent des Gesamtumsatzes der Spieleindustrie aus und Mobile Games haben weiterhin den mit Abstand größten Zuwachs. Fast 97 Prozent aller Apps und damit auch nahezu alle Spiele im Google-Play-Store sind kostenfrei zugänglich. Ähnlich sieht es im Apple App Store aus, wo Spiele für etwa 70 Prozent der gesamten Einnahmen sorgen.

In-App-Purchases oder Mikrotransaktionen, also Bezahlfunktionen innerhalb der Spiele, sind die Haupteinnahmequellen für Free-to-Play. Einer der Punkte, an dem sich die Kritik an Free-to-play immer wieder aufhäng: Nur sehr wenige zahlungsbereite Personen investieren viel Geld in diese Spiele. Etwa 1 bis 5 Prozent geben regelmäßig Geld für In-App-Purchases aus. Davon wiederum zahlt nur ein kleiner Teil sehr hohe Summen – bis zu mehrere tausend Euro – und finanziert damit letztlich die gesamte Spielentwicklung. Solche Spieler:innen werden im Branchenjargon als „Wale“ bezeichnet – ein Begriff aus dem Casino-Geschäft für besonders lukrative Kund:innen.1

In zwei aufeinanderfolgenden Artikeln möchte ich eine ethisch fundierte und differenzierte Haltung zu Free-to-play Mobile Games entwickeln. Im ersten Teil geht es zunächst darum, die übliche Kritik zu hinterfragen und nachzuvollziehen, wie das Geschäftsmodell digitale Spiele und die Art sie zu spielen verändert. Im zweiten Teil gleiche ich die gewonnenen Erkenntnisse mit ethischen Überlegungen zu digitalen Spielen ab: Nutzen die meisten Free-to-play Mobile Games die Schwächen von einigen Menschen gekonnt aus für maximalen Profit? Machen sie süchtig und sind grundsätzlich schlecht?

Diskussionen zum ethischen Status von Free-to-play

Die Kritik an Free-to-play ist im Prinzip so alt, wie das Geschäftsmodell selbst. Schon als die ersten Freemium-Spiele – damals auch noch in Form von Social Games für Facebook – anfang der 10er Jahre entwickelt und veröffentlicht wurden, gab es viele Diskussionen zum ethischen Status der Monetarisierung innerhalb der Branche. Dies zeigt schon allein ein Blick auf das Artikel-Archiv der Branchenseite gamedeveloper.com (ehemals “Gamasutra”). Dort haben sich Spieleentwickler2 schon vor über einem Jahrzehnt gefragt, ob die meisten Social und Mobile Games nicht einfach digitale Spielautomaten sind, ob sie deshalb süchtig machen und durch “schmutzige Tricks” Menschen mit psychischen Problemen ausbeuten. Bei Free-to-play handele es sich eigentlich um eine “McDonaldisierung” von Spielen für die breite Masse, gar um eine Form von Betrug und Erpressung – die spielgewordenen Auswüchse im ungezügelten Kapitalismus.

Kritik flammt häufig auf, wenn klassische Spiele Elemente aus Free-to-play übernehmen oder ein neues Free-to-Play-Spiel erscheint, das auf einer klassischen Lizenz basiert.

Seitdem hat sich Free-to-play als ein lukratives Geschäftsmodell etabliert und die Einnahmen durch Spiele-Apps in den digitalen Stores von Apple und Google sind rasant gestiegen. Parallel haben Mobile Games zunehmend Einfluss auf die Funktionsweise von traditionellen Spielen. Dies geht einher mit dem Trend, Spiele verstärkt als Dienstleistungen anzubieten. Mit diesem auch als Games as a Service bezeichneten Umsatzmodell lassen sich durch den fortlaufenden Verkauf von zusätzlichen Spielinhalten mit einem einzigen Spiel im Laufe der Zeit mehr Einnahmen erzielen –  im Gegensatz zum klassischen Modell Games as a Product, bei dem eine einmalige Zahlung das volle Spielerlebnis garantiert.3

In der öffentlichen Auseinandersetzung flammt die Kritik daher häufig immer dann auf, wenn klassische Spiele Elemente aus dem Free-to-play-Modell übernehmen oder ein neues Free-to-Play-Spiel erscheint, das auf einer im klassischen Gaming etablierten Lizenz basiert. Wir erinnern uns etwa an die heftige Kritik, die auf die Veröffentlichung der Beta-Version von Star Wars Battlefront II folgte. In das Vollpreisspiel hatte der Publisher Electronic Arts zusätzliche Monetarisierungsmechanismen implementieren lassen. Ein Jahr später folgten massive negative Reaktionen seitens vieler Fans auf die Ankündigung von Diablo Immortal, das die Lizenz der populären Diablo-Reihe auf ein Free-to-play-Spiel für Smartphones überträgt. Ein aktuelles Beispiel ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Free-to-play-Spiel Pokémon Unite, das für Nintendos Hybrid-Konsole Switch als auch für mobile Endgeräte auf Android und iOS erschienen ist. Zentral in der Kritik ist eine mögliche Gefahr für Kinder durch die Monetarisierung des Spiels, die immerhin als Hauptzielgruppe der Pokémon-Spiele angesehen werden kann.

Pay-to-win und Glücksspiel-Elemete in der Kritik

Die Kritik an Free-to-play dreht sich also zumeist um bestimmte Monetarisierungsstrategien von Games as a Service und ihre mutmaßlich negativen Auswirkungen auf Spieler:innen. Dabei stechen zwei unterschiedliche Mechanismen von In-App-Purchases besonders hervor: Zum einen geht es um einen Mechanismus, den man oft als Pay-to-win bezeichnet. Zum anderen richtet sich die Kritik an bestimmte Glücksspiel-Elemente, sogenanntes Gacha oder Lootboxen.

Die Kritik hängt sich vor allem an bezahlbaren funktionalen Elementen auf und bringt sie mit mangelnder Ausgewogenheit im Gameplay und fehlender Fairness in Verbindung.

Pay-to-win hängt mit dem Unterschied zwischen funktionalen und dekorativen Spielelementen zusammen, die sich durch echtes Geld kaufen lassen.4 Unter dekorative Elemente fallen z.B. Skins oder Emotes, also rein visuelle Variationen bzw. Animationen für den eigenen Spielkörper oder im Spiel benutzbare Gegenstände, die einen rein ästhetischen Wert haben. Die funktionalen Elemente hingegen erlauben es, sich einen Vorteil im Spiel zu erkaufen, um schneller voranzukommen oder stärker zu werden. Sie haben damit einen direkten Einfluss auf das Spielsystem. Free-to-play- und allgemein Games as a Service-Spiele, die ausschließlich dekorative Elemente als Kaufoption anbieten, bleiben in der Regel von Kritik verschont. Die Kritik hängt sich vor allem an den bezahlbaren funktionalen Elementen auf und bringt sie mit mangelnder Ausgewogenheit im Gameplay und fehlender Fairness gegenüber Spieler:innen in Verbindung, die kein Geld für funktionale Elemente ausgeben können oder wollen.

Sind Free-to-play Mobile Games ethisch problematisch? Gacha in Raid: Shadow Legends
Bei Raid: Shadow Legends lassen sich Charaktere mit verschiedenen Seltenheitsgraden und entsprechend besseren Fertigkeiten per Zufallsmechanismus freischalten. (Bildquelle: raidshadowlegends.com)

Im Unterschied dazu ermöglichen Gacha oder Lootboxen nur die Chance auf ein bestimmtes Spielelement. Man kauft im Grunde eine „Glücksziehung“, für die man virtuelle Gegenstände oder Spielelemente mit verschiedenen Seltenheitsgraden gewinnen kann – in vielen Spielen zumeist verschiedene Charaktere. Der Begriff „Gacha“ bezeichnet ursprünglich japanische Verkaufsautomaten, die eine Reihe von Spielzeugfiguren in Kapseln enthalten, welche man nur per Zufallsprinzip durch Einwurf von Münzen erwerben kann.5 Lootboxen sind das westliche Pendant von Gacha. Sie lassen sich zurückführen auf sammelbare Bildkarten, die zu Beginn des 20. Jh. etwa in Schokoladenverpackungen oder Zigarrenschachteln als Kaufanreize enthalten waren.6 Die Kritik an Gacha und Lootboxen konzentriert sich auf die negativen Auswirkungen, die auch mit anderen Formen von Glücksspiel in Verbindung gebracht werden, wie unkontrolliertes Geldausgeben und Sucht. Der wichtigste Unterschied zu echtem Glücksspiel ist jedoch, dass kein echtes Geld gewonnen werden kann. Dennoch führte die Nähe zum Glücksspiel in der Vergangenheit bereits zu gesetzlichen Regulierungen.7

Vorurteile darüber, wie Spiele gespielt und entwickelt werden sollten

Der Kommunikations- und Medienwissenschaftler Christopher A. Paul beobachtet, dass die Kritik an Free-to-play mit bestimmten Vorurteilen darüber zusammenhängt, wie Spiele designt, gespielt und bezahlt werden sollten. Mit seiner Diskursanalyse zeigt er, dass diese Vorurteile vor allem von Personen ausgehen, die sich stark mit klassischen Spielen identifizieren oder sich ihrem Selbstverständnis nach gar als „Core Gamer“ bezeichnen. Dazu gehören nicht nur einzelne Spieler:innen und Games Communities, sondern auch Entwickler:innen und Journalist:innen, die durch ihr Schaffen hauptsächlich mit klassischen Spielen in Berührung kommen. Selbst im akademischen Diskurs, also innerhalb der Game Studies, sieht Paul zuweilen eine starke kritisch-ablehnende Haltung gegenüber Free-to-play.8

Zu den Normen gehört ein ausgeprägter Leistungsgedanke: Spiele müssen harte Arbeit sein, an ihnen müssen Fertigkeiten zum Ausdruck gebracht werden.

Im Laufe der Zeit hat sich die Art und Weise, wie Spiele gespielt, entwickelt und bezahlt werden immer stärker normalisiert. Zu diesen Normen gehört etwa ein ausgeprägter Leistungsgedanke: Spiele müssen harte Arbeit sein, an ihnen müssen Fertigkeiten zum Ausdruck gebracht werden.9 Spiele mit einem geringen Schwierigkeitsgrad, oder der Möglichkeit, sich einen Vorteil zu erkaufen – wie bei vielen Free-to-play-Mobile Games üblich – widersprechen diesem Leistungsgedanken. Zudem hängt diese Überbetonung von Leistung auch mit einem gewissen Männlichkeitsbild zusammen. So fällt die Kritik besonders stark aus, wenn Lizenzen klassischer Spiele mit einem eher männlichen Zielpublikum plötzlich auf das Free-to-play-Modell übertragen werden.10

Sind Free-to-play Mobile Games ethisch problematisch? Vorurteile über Kim Kardashian: Hollywood
Besonders erfolgreich bei seiner jungen weiblichen Zielgruppe: In Kim Kardashian: Hollywood geht es um gutes Zeitmanagement auf dem Weg zum Superstar. (Bildquelle: lh3.googleusercontent.com)

Gleichzeitig halten die entsprechenden Personen Vorstellungen davon, wie ein Spiel zu sein hat, auch in Abgrenzung zu Spielen aufrecht, die eine weibliche Zielgruppe ansprechen. Als Beispiel führt Paul die Auseinandersetzung mit Kim Kardashian: Hollywood an, an der deutlich wird, wie stark Free-to-play Mobile Games mit den Werten und Normen brechen, die eine durch klassische Spiele sozialisierte (männliche) Person verinnerlicht hat: Es handelt sich um ein kommerziell erfolgreiches, kostenloses Smartphone-Spiel, das keine komplizierten Spielmechaniken aufweist, Frauen in den Mittelpunkt stellt und sich um Mode dreht.11

Mobile und Social Games unterscheiden sich fundamental von klassischen Spielen

Paul zieht den Schluss, dass es sich bei Free-to-Play Mobile Games im Prinzip um eine neue Form des digitalen Spiels handelt, die sich fundamental von klassischen Spielen unterscheidet und daher auch nicht mit den gleichen Maßstäben beschrieben und kritisiert werden kann: Aus einem anderen Ansatz bei der Monetarisierung erwachsen andere Gameplay-Strukturen und ein anderes Verhältnis zwischen Geld und Spielzeit. Aus diesem Grund kann der Versuch, klassische Spiele in das Free-to-play-Modell zu übertragen, nur scheitern, wenn man nicht grundlegend das Spielsystem verändert – was zum Beispiel erklären würde, warum Super Mario Run nicht annähernd so erfolgreich war wie Pokémon Go.12 Auch Ahmed Elmezeny, der sich als Medienethnograph im Rahmen einer anderthalb jährigen Untersuchung mit der Kultur von Free-to-play Social Games beschäftigt hat, stellt fest, dass Free-to-play etwas darstellt, das sich gänzlich von der traditionellen Gaming-Kultur unterscheidet – eine Art Parallelkultur, die aber trotzdem ein Teil der übergeordneten Gaming-Kultur ist.13

Elmezeny beschreibt eine Reihe an Transformationen, die die Kultur rund um Free-to-play Social und Mobile Games gegenüber der traditionellen Kultur digitaler Spiele auszeichnet.14 Durch die Möglichkeit sich Vorteile zu erkaufen, spiegeln sich im Spiel etwa reale sozioökonomische Verhältnisse wider: Wer viel Geld in funktionale Spielelemente investieren kann und das auch tut, steht entsprechend weit oben in der Hierarchie des Spiels. Der leistungsorientierten klassischen Gaming-Kultur steht daher eine Art monetäre Meritokratie gegenüber. Es gibt keine Anzeichen für eine Partizipations- oder Gegenkultur, die sich bei klassischen Spielen etwa durch die Modding-Szene, User Generated Content oder Fandom manifestiert. Nach Elmezeny bildet sich dadurch eine überwiegend konsumorientierte Kultur: Spieler:innen sind andauernd mit Kaufanreizen konfrontiert. Und hat man sich einmal dafür entschieden, zu bezahlen, muss man dem zunehmenden Drang, unkontrollierte Ausgaben zu tätigen, ständig widerstehen.15

Strategien, die zu In-App-Purchases motivieren sollen

Der starke Fokus auf Konsum macht es für die ethische Betrachtung unerlässlich, einen Blick auf die Strategien zu werfen, mit denen Free-to-play Mobile Games ihre Spieler:innen zum Tätigen von In-App-Purchases motivieren wollen. Hierbei muss man unterscheiden zwischen dem Kauf virtueller Währungen und den virtuellen Waren selbst.

Um die realen Kosten zu verschleiern, wenden Spiele bei den virtuellen Währungen eine psychologische Strategie an: Das Ziel ist es, eine Geldwertillusion zu erzeugen.

In den meisten Free-to-play-Spielen kann man virtuelle Einkäufe nur mittels einer virtuellen Währung tätigen. Dabei lassen sich softe Währungen von harten unterscheiden: Erstere kann man durch das Spielen im Spiel erwerben, zweitere muss man mit Echtgeld bezahlen. Um die realen Kosten für virtuelle Güter zu verschleiern, wenden Spiele bei den virtuellen Währungen eine psychologische Strategie an: Das Ziel ist es, eine Geldwertillusion zu erzeugen. Eine Geldwertillusion entsteht z.B., wenn Tourist:innen in einer ihnen fremden Währung eines anderen Landes rechnen müssen.16 Die Wechselkurse der virtuellen Währungen im Spiel sind in der Regel deutlich höher als die Nennwerte realer Währungen. Dadurch erscheinen sie wertvoller und lassen sich schwerer berechnen. Bonuspakete mit günstigeren Kursen sollen Spieler:innen zusätzlich zum Kauf virtueller Währungen anreizen.

Sind Free-to-play Mobile Games ethisch problematisch? Virtuelle harte Währung in Mortal Kombat Mobile
Seelen als Form einer virtuellen Währung in Mortal Kombat Mobile, die man mit Echtgeld erwerben kann: Je höher der Preis, desto günstiger der Kurs. (Bildquelle: eigener Screenshot)

Daneben gibt es noch eine ganze Reihe an Strategien, um Bedürfnisse nach den virtuellen Waren zu wecken, also den Gegenständen, die man im Spiel durch virtuelle Währungen erwerben kann. Eine der wichtigsten ist die Verlangsamung oder gar Unterbindung der Progression im Spiel durch bestimmte Gameplay-Mechaniken. Dies soll Spieler:innen motivieren, durch den Kauf virtueller Güter Zeit zu sparen und damit auch Frustration zu verhindern, die unweigerlich eintritt, wenn man im Spiel nicht mehr weiterkommt. Weitere Strategien sind etwa die künstliche Verknappung oder zeitliche Begrenzung bestimmter Gegenstände, oder auch ältere Gegenstände durch das Angebot neuerer und besserer Varianten überflüssig wirken zu lassen. Ein starkes Motiv für den Kauf kann es daher sein, bestimmte Angebote nicht verpassen zu wollen („fear of missing out“), andere Spieler:innen mit neu erworbenen Spielelementen zu beeindrucken, oder diese schlicht im Wettbewerb zu übertrumpfen.17

Sind Free-to-play Mobile Games ethisch problematisch?

Die kritisierten Mechanismen und vielen Strategien, die zum Kauf motivieren und anreizen sollen, machen deutlich: Erfolgreiche Free-to-play Mobile Games sind durchdachte Blaupausen für psychologische Manipulation. Doch sind sie dadurch ethisch fragwürdiger als andere Formen der Manipulation in unserer Konsumgesellschaft? Der massiven Kritik, die bereits vor zehn Jahren auf Branchenportalen aufkam, standen schon damals auch Meinungen gegenüber, die das Geschäftsmodell verteidigen. Free-to-Play sei kein ethischer Sonderfall, da sich auch andere Märkte bestimmter Verkaufstrick bedienen. Letztlich sind die meisten Spieler:innen mündige Menschen, die ihre Kaufentscheidung verantwortungsbewusst treffen – und von der Debatte über die ethische Relevanz ihrer Kaufentscheidungen gar nichts mitbekommen, während sie einfach Spaß beim Spielen haben.

Erfolgreiche Free-to-play Mobile Games sind Blaupausen für psychologische Manipulation. Doch sind sie dadurch fragwürdiger als andere Formen der Manipulation?

Trotzdem: Zwar mag die teils harsche Kritik an Free-to-play bei Lichte betrachtet größtenteils aus nicht haltbaren Vorurteilen bestehen, doch vermeintliche Suchtgefahr und finanzielle Ausbeutung sind schwere Vorwürfe, die man genau auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersuchen sollte. Ob und unter welchen Gesichtspunkten Free-to-play Mobile Games daher nicht doch problematisch sein können und wie das abschließend unter ethischer Perspektive zu bewerten ist, darum geht es im zweiten Teil.


Fußnoten:

  1. vgl. Paul 2020, xii & 21 f. & Flunger et. al. 2018, 374
  2. “Spieleentwickler” hier im generischen Maskulinum, da die verlinkten Artikel ausschließlich von Männern verfasst sind.
  3. vgl. Koeder et. al. 2018 b für eine detaillierte Übersicht der unterschiedlichen Varianten von Games as a Service und Games as a Product
  4. vgl. Flunger et. al. 2018, 374
  5. vgl. Koeder et. al. 2018 a & Koeder et. al. 2018 b; „Gacha“ ist eine Kurzform von „Gachapon“ – das Geräusch, das der Automat macht, wenn man den Schalter umlegt und die Kapsel in den Kapselspender fällt (vgl. ebd. 2018 b, 7).
  6. Später folgten dann spezielle Sammelkarten und Sticker mit unterschiedlichen Seltenheitsgraden und schließlich Sammelkartenspiele wie Magic: The Gathering (vgl. ebd. 2018 b, 9)
  7. So hat Japan bereits 2012 das sogenannte “Kompu Gacha” verboten, eine bestimmte Form von Gacha, bei der die Gewinnchancen besonders gering und intransparent waren. Belgien ging 2018 noch einen Schritt weiter und verbietete Lootboxen gänzlich.
  8. vgl. Paul 2020, ix ff.
  9. vgl. ebd.
  10. vgl. ebd., 21 ff.
  11. vgl. ebd., 43 ff.
  12. vgl. ebd., 21 ff.; Nintendo bot Super Mario Run ursprünglich zu einem Festpreis an, wechselte jedoch später zum Free-to-play-Modell, nachdem der gewünschte Erfolg ausblieb. Das Spielt orientiert sich ästhetisch sehr an der klassischen Jump ’n‘ Run-Vorlage. Im Unterschied dazu ist Pokémon Go eine spielerisch einzigartige Neuinterpretation, die durch die kreative Nutzung von GPS-Daten in dieser Form nur auf Smartphones funktioniert, was in Kombination mit der bekannten Marke einen weltweiten Hype auslöste.
  13. vgl. Elmezeny 2021, 217; Elmezy hat sich für seine ethnographische Studie auf das Browser-basierte Spiel Goodgame Empire fokussiert und hierfür Interviews mit Spieler:innen & Entwickler:innen geführt sowie die Communities und ihre Orte wie Foren, Websites und Chatrooms untersucht (vgl. ebd., 205).
  14. vgl. ebd., 207 ff.; hierfür unterscheidet und untersucht Elmezeny (vgl. ebd.) vier spezifische Praktiken: Company-Praktiken, Community-Praktiken, individuelle Praktiken und Industrie-Praktiken.
  15. vgl. ebd.
  16. vgl. Benti et. al. 2021, 6 ff.
  17. Doch auch uneigennützige Motive können eine Rolle spielen: So geben manche Spieler:innen Geld aus, um anderen Spieler:innen zu beschenken oder die Entwickler:innen des Spiels zu unterstützen (vgl. Flunger et. al. 2018, 375 ff.); Flunger et. al. (vgl. ebd.) listen sieben Strategien der Bedürfnisweckung und vier wichtige Bezahlmotive auf.

Literatur:

Ludographie:

  • Diablo Immortal (Q1/Q2 2022 Blizzard Entertainment/NetEase)
  • Goodgame Empire (2011 Goodgame Studios)
  • Kim Kardashian: Hollywood (2014 Glu Mobile)
  • Mortal Kombat Mobile (2015 Warner Bros. Interactive Entertainment)
  • Pokémon Go (2016 Niantic/Nintendo/The Pokémon Company)
  • Pokémon Unite (2021 TiMi Studio Group/The Pokémon Company)
  • Raid: Shadow Legends (2018 Plarium Games)
  • Star Wars Battlefront II (2017 DICE/Electronic Arts)
  • Super Mario Run (2016 Nintendo)

3 Kommentare zu „Suchtgefahr & Abzocke? Free-to-play Mobile Games ethisch hinterfragt – Teil 1

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